Die Symptomatik des Untergangs

In Zeiten der Not rücken die, die das gleiche Schicksal teilen, bekanntlich eng zusammen. Mit der Schicksalsgemeinschaft ist es jedoch schnell vorbei, sobald sich auch nur für den kleinsten Teil der „Verbündeten“ die Lage verbessert.
Und Altparteien sind jetzt wahrlich in Not, verlieren Einfluss und müssen Machtverlust entgegensehen. Gerade das ist es aber, wovor es ihnen am meisten graust.
Dann muss irgendwas oder irgendwer als gemeinsames Hassobjekt, als vermeintlicher Verursacher ihrer Misere, herhalten.
Der ist mit der erstarkenden AfD schnell gefunden. Und ab sofort ist jedes Mittel recht, so dass sich sogar Rote und CDU zusammenschließen, um gegen den ausgemachten Widersacher Front zu machen. Einstige unvereinbare Positionen werden dem Machterhalt bedenkenlos geopfert.
Missbrauch ist vorprogrammiert und sieht an einem ganz konkreten Beispiel so aus:
Ein Bürger aus Gera, seines Zeichens Vorsitzender des Jüdisch-Deutschen Kulturvereins, Herr Dieter Nendel, war der lobenswerte Ideengeber für eine Gedenktafel der Stadt Gera in Theresienstadt zu Ehren der im Ghetto umgekommenen jüdischen Bürger aus unserer Stadt. Zur Seite stand ihm organisatorisch der ehemalige Linken-Stadtrat Domkowsky. Auf direkte Anfrage um finanzielle Unterstützung des Vorhabens bei zwei AfD-Stadträten, dem Ehepaar Kerstin und Dr. Jörg Müller, spendete die Fraktion 200 Euro. Zunächst wurde das Geld nach Übermittlung der Kontodaten dankend entgegengenommen.
Doch eine Woche später kam das Geld zurück, mit dem Vermerk per extra Mail, dass die AfD aus politischen Gründen nicht erwünscht sei …und man deren Unterstützung nicht wolle.
Das beinhaltete auch, dass die Mitreise im Bus zur Enthüllung der Gedenktafel neben dem Initiator nur den Linken und der CDU sowie einem auserwählten kleinen Gefolge, inklusive einer Pressevertreterin, vorbehalten war.
Also fuhren die Müller´s und die Leiterin der Fraktionsgeschäftsstelle am 11. September 2019, mit dem privaten Pkw nach Theresienstadt, um an dem feierlichen Akt teilzunehmen. Im Gepäck hatten sie einen wunderschönen Kranz mit folgender Widmung „In ehrendem Gedenken an die während der nationalsozialistischen Diktatur umgekommenen Bürger der Stadt Gera“.
In der Tages-Lückenpresse gab es am darauffolgenden Tag einen Bild-Beitrag zum betreffenden Ereignis, in dem mit keiner Silbe die Teilnahme dreier AfD-Vertreter erwähnt wurde, auch zeigte das veröffentlichte Foto weder deren Kranz noch sie selber.
In der Ansprache von Herrn Hausold, MdL, wurde vom Versagen der Demokratie und von der Ausgrenzung der Juden als dem Anfang allen Übels im Hitler-System gesprochen. Wer von Ausgrenzung vor 75 Jahren spricht und nicht merkt, wie weit in der Gegenwart die Ausgrenzung Andersdenkender vorangeschritten ist, welch pathologische Ausmaße und Methoden sie inzwischen angenommen hat, ist ein ewig Gestriger und Realitätsverweigerer. Ehrendes Gedenken gebührt den Opfern der nationalsozialistischen Diktatur ohne Diskussion. Wer darüber Diskussionen und Ausgrenzung beginnt, diskreditiert sich selber.

Autoren: Evelyn Gropp und Dr. Jörg Müller